Eine Auswahl an wichtigen Themen für das Kapitalmarktjahr 2023
Geldpolitik, Inflation und Rezession
Im Jahr 2022 erreichte die Inflationsrate aufgrund von Preisanstiegen für Energie und Rohstoffe sowie Lieferkettenstörungen das höchste Niveau seit Jahrzehnten. Volkswirte:innen rechnen aktuell damit, dass die Inflationsrate bis Ende 2023 in den USA bis auf 3% und im Euroraum auf 3,5% fallen wird. Langfristig entfalten sich auch strukturelle Faktoren wie zum Beispiel eine demographisch bedingte Verknappung an Arbeitskräften und ein tendenzieller Rückbau der Globalisierung, sodass die Inflation auf einem höheren Niveau über einen längeren Zeitraum verharren könnte. Zusätzlich sorgen aktuell der anhaltende Krieg in der Ukraine und die daraus resultierenden hohen Energie- und Lebensmittelpreise ebenfalls für Inflationsdruck, der aber durch die geplanten Energiepreisbremsen eingedämmt wird.
Die restriktive Geldpolitik der Fed wirkt sich jedoch bereits auf die Kapitalmärkte und insbesondere auf den Immobilienmarkt aus. Auch wenn sich dieser in einer relativ robusten Verfassung befindet, ist der Druck auf die Preise spürbar, sodass Risiken für die Finanzstabilität aufgrund globaler geldpolitscher Straffung weiterhin bestehen. Ein Ende des Zinserhöhungszyklus in der ersten Hälfte von 2023 würde es den Technologie- und Wachstumswerten sowie Schwellenländeraktien ermöglichen, wieder attraktive Performancechancen zu bieten. Eine Stabilisierung des Fed-Leitzinses ab Q2 bei einem Niveau von ca. 5,25%-5,50% ist somit aus unserer Sicht plausibel. Die EZB hält trotz stagnierender Konjunktur erstmal an ihrem Kurs fest, dürfte aber nicht viel später als die Fed die Leitzinserhöhungen beenden. Die konjunkturelle Abschwächung aufgrund steigender Zinsen dürfte die Industriewelt in eine moderate Rezession in den nächsten Quartalen führen.
China und die COVID-Frage
Die chinesische Wirtschaft hatte 2022 Wachstumsprobleme aufgrund der strikten Zero-Covid-Politik, massiven Verzerrungen im Immobilienmarkt und staatlicher Eingriffe. Die komplette Abkehr dieser Coronapolitik verbessert mittelfristig die wirtschaftlichen Aussichten des Landes, doch bis sich ein Großteil der Bevölkerung mit dem Virus infiziert hat und Herdenimmunität erreicht wird, droht das Gesundheitssystem kurzfristig zu kollabieren. Die Zukunftsperspektiven Chinas werden stark davon abhängen, wie Xi Jinping seine Entwicklungsstrategie umsetzt. Diese Strategie konzentriert sich auf die inländische Wirtschaft und versucht die technologische Autarkie sicherzustellen, um „gemeinsamen Wohlstand“ zu erreichen. Daher sollte weiterhin mit unvorhersehbaren Eingriffen in Wirtschaft gerechnet werden. Das Wachstumspotenzial der Volksrepublik wird in den nächsten Jahren daher etwas gedämpft. Es besteht außerdem weiteres Risiko durch den Konflikt zwischen den USA und China um die Technologie-Weltherrschaft und in der Taiwan-Frage. Die Entkopplung beider Wirtschaftsmächte wäre nämlich auch für China äußerst problematisch. Zusätzlich wirkt sich die US-Außenhandelspolitik, die Chinas technologische Kapazitäten durch Exportbeschränkungen bei Computerchips limitiert, negativ auf die Wachstumsdynamik aus. All dies führt zu einer niedrigeren chinesischen Marktkapitalisierung worunter die Attraktivität der Aktien leidet. Allerdings gibt es immer noch Wachstumspotential in Bereichen, die die Regierung fördert.
Aktien- und Anleihemärkten
Trotz der positiven Entwicklung im letzten Quartal von Jahr 2022, war die Stimmung an den globalen Aktienmärkten Ende des Jahres aufgrund des deutlich restriktiven geldpolitischen Kurses seitens der größten Notenbanken getrübt. Insbesondere US-Tech Werte litten erneut unter der Aussicht weiterer Zinserhöhungen. Der NASDAQ beendete das Jahr somit bei einem Minus von 33%, während der DAX bei -12% abschloss. Eine konjunkturelle Abkühlung und die damit einhergehende moderate Rezession werden die Gewinne der Unternehmen entsprechend belasten, daher könnte hier erneut Druck auf die Aktienmärkte kommen, auch wenn viele Rezessionsrisiken bereits eingepreist sind, sowohl in den USA als auch in Europa.
Die Anleihemärkte reagierten entsprechend nach den Falken-Aussagen der Notenbanker in den Dezember Sitzungen, mit einem Anstieg in den Renditen von Staatsanleihen. Die Rendite 10-jähriger Bundesanleihen beendete damit das Jahr 2022 mit einem Jahreshöchststand von 2,57%, während der 10-jähriger US-Treasury bei 3,88% rentierte. Das graduelle Nachlassen der Inflation und eine Verlangsamung oder Beendigung der Leitzinserhöhungen sowie Rezessionsängste sollten Renditen über das Jahr hinweg wieder etwas fallen lassen. Daher sehen wir bei Anleihen mittelfristig Ertragspotenzial durch Kursgewinne bei aktuell recht attraktiven Kupons.