Antizyklisches Investieren in Krisenzeiten
Wir diskutieren Möglichkeiten, als langfristiger Investor gestärkt aus Krisen zu gehen, indem wir ein Modell aufzeigen, das antizyklisches Investieren automatisiert.
Einleitung
Die aktuelle Krise zum Anlass nehmend wollen wir einen Blick auf die Kapitalanlagen langfristiger Investoren werfen und generelle Möglichkeiten aufzeigen Drawdownphasen antizyklisch zu nutzen. Grundsätzlich lässt sich festhalten, dass vor allem Aktienmärkte auf Unsicherheit sehr schnell und volatil reagieren und somit die Geschwindigkeit der Umsetzung von extremer Bedeutung ist. Als Anleger ist es dabei wichtig, sein eigenes Risikoprofil zu kennen und mögliche Potenziale in der Assetallokation zu nutzen.
Am Beispiel des MSCI World Index möchten wir die historischen Charakteristika der großen Verlustphasen aufzeigen, um ein Modell zu entwickeln, dass von diesen Phasen profitieren kann. Dabei handelt es sich um antizyklisches, systematisches Investieren, dass zu einer Erhöhung der Aktienquoten in Drawdownphasen führt und somit stärker von einem Aufschwung profitiert.
Anfangen wollen wir aber mit einem Blick auf die historische Ausprägung der vergangenen Krisen, um einen ersten Eindruck über die Charakteristika von Krisen zu bekommen.
Historische Dauer von Krisen
Ein Blick auf den historischen Drawdown des MSCI World Indexes zeigt die extremen Schwankungen der weltweiten Aktienmärkte in den letzten Jahrzehnten und die damit verbundene, nötige Risikotragfähigkeit der Anleger. Drawdowns von mehr als 50% waren in den letzten 20 Jahren zu verzeichnen und selbst in den letzten 10 Jahren, nach der großen Finanzkrise, waren Verluste von 15-20% keine Seltenheit.
Die spannende Frage ist nun, wie lange hielten die Drawdowns an und kann man diese Phasen systematisch nutzen? Dazu werfen wir einen Blick auf die folgende Investitionsmatrix. Hier wird dargestellt, wie hoch die Rendite wäre, wenn wir zum X-Achsenzeitpunkt kaufen und zum Y-Achsenzeitpunkt verkaufen. Investieren wir beispielsweise am Jahresanfang 2016 und verkaufen am Jahresende 2019 läge die Rendite bei 60%. Alle Werte über +10% werden in Dunkelgrün angezeigt, negative werte (Drawdowns) in Rot.
Deutlich zu sehen ist, dass seit der Finanzkrise vor über einem Jahrzehnt, kein Drawdown länger als 2 Jahre anhielt. Dafür waren auch diese Drawdowns mit teilweise über -20% schon recht ausgeprägt (siehe beispielsweise Grafik 1 Jahr 2016). Historisch gesehen waren diese Punkte also die perfekten Einstiegszeitpunkte in einen langfristig aufwärtsgerichteten Markt. Da es leider nur historisch möglich ist, den perfekten Einstiegszeitpunkt zu finden, muss mit Modellen gearbeitet werden, die diese Chancen systematisch nutzen.
Was gibt es für Möglichkeiten?
Bevor wir zu den konkreten Modellen kommen, möchten wir noch kurz auf die Umsetzung zu sprechen kommen. Es ist erstens extrem wichtig, sich vor der Krise Gedanken zu machen wie man diese nutzen möchte und zusätzlich muss vorher festgelegt werden, was in welcher Höhe und zu welchem Zeitpunkt investiert werden soll. Die Investitionsmöglichkeiten sind primär von der Risikotoleranz und der Quotenauslastung des Anlegers abhängig. Dabei sollte man simulieren, wie sich eine Erhöhung der Quoten auf das Risikobudget auswirkt und welche Volumina noch tragbar sind.
Nachdem diese Unklarheiten aus dem Weg geräumt sind, wenden wir uns den Investitionsmodellen zu. Wir teilen die Modelle in zwei Bereiche auf. Zum einen zeigen wir ein rein drawdownabhängiges Modell und zum anderen ein zeitgesteuertes Investitionsmodell auf monatlicher Basis.
Das drawdownabhängige Modell ist so aufgebaut, dass die Höhe der Investitionen nur von dem Indexstand abhängig ist. Befindet sich der Index unter seinem Höchststand wird nach einer vorher erarbeiteten, drawdownabhängigen Investitionstabelle investiert. Diese Stufen können je nach Risikotragfähigkeit des Investors unterschiedlich ausgelegt sein. Historische Simulationen haben gezeigt, dass höhere Investitionen in Drawdownphasen langfristig zu einer deutlich höheren Rendite führen. Es ist also wichtig, dass die Investitionen in Drawdownphasen massiv zunehmen.
Unser zeitgesteuertes Modell investiert auf monatlicher Basis und blickt dabei nur auf die monatlichen Endstände und kalkuliert daraus seine Investitionsquoten. Fallen nun die Börsen werden mehr Aktien gekauft, tiefere Einstandswerte erreicht und somit das Potenzial auf zukünftige Renditen erhöht. Hierbei zählt neben einer guten Rendite vor allem die einfache Umsetzung und die gute Nachvollziehbarkeit zu den Vorteilen.
Es sind sicherlich auch komplexere Modelle beispielsweise unter Einbeziehung von Volatilität und täglichem Handel denkbar. Wir meinen allerdings, dass Komplexität nicht zwingend mehr Rendite generiert und wir vor allem auf eine solide und einfache Umsetzbarkeit achten sollten, als überoptimierte Modelle anzuwenden.
Optimale Strategie für langfristige Erfolge
Abhängig von der Quotenauslastung und der Risikotragfähigkeit des Anlegers kann eine optimale Strategie unterschiedlich ausfallen. Zeitpunkte und Investitionssummen verändern sich je nach Ausprägung und somit sind auch die Investitionsstrategien nicht immer gleich. Wir versuchen Modelle so zu steuern, dass sie auf die konkrete Situation des Anlegers abgestimmt sind und gleichzeitig die zukünftige Rendite optimieren.
Ganz Generell sind wir jedoch der Meinung, dass ein Ausnutzen der gegebenen Risikoquoten in den aktuellen Niedrigzinsphase nötig und sinnvoll ist.
Fazit
Für einen langfristigen Vermögensaufbau ist es durchaus sinnvoll systematische Investitionsstrategien zu implementieren. Schwache Marktphasen werden so optimal genutzt um das Portfolio auszubauen und die Chance auf eine langfristige Rendite deutlich erhöht. Wichtig ist dabei, systematisch vorzugehen und eine Strategie zu implementieren, die diese Phasen konsequent nutzt. Entscheidungen herbeizuführen, wenn die Unsicherheit da ist, ist meist zu langwierig.
Sollten Sie Interesse an einem Konzept für Ihr Vermögen haben oder interessiert an tiefergehenden Analysen sein, melden Sie sich gerne bei uns.
Niels Raabe | ALM Berlin asset consult GmbH | www.berlin-asset-consult.de
Hinweis:
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